Traum oder Wirklichkeit
Heimatmuseum Süd
Das Thema eines Heimatmuseums für den Stadtbezirk Süd, früher schon einmal in der Diskussion, wird derzeit wieder aktuell erörtert. Anlass ist die Arbeit der Geschichtswerkstatt Süd e.V., die Dokumente, Fotos, Gegenstände aus der Vergangenheit, Berichte von Zeitzeugen u.ä. sammelt und so die Entwicklung des Stuttgarter Südens über die Jahrhunderte erfasst. Was noch zu erfassen ist. Denn vieles ist schon verloren gegangen. Der Weg von den einst bis ins Tal reichenden Weinbergen und landwirtschaftlichen Flächen, z.B. im Lehenviertel und in Heslach, von der beginnen den Industrialisierung mit all ihren Folgen, von der Auflösung dörflicher Strukturen, von der Wandlung der Baustile und der Bebauung der Hanglagen bis zu unserem heutigen modernen Stadtbezirk ist weit und in all seinen Facetten nur mit viel Mühe zu dokumentieren. Dass es überhaupt geschieht, wird von den meisten Südbürgern anerkannt und von vielen unterstützt. Natürlich gibt es auch Menschen, die die Aufarbeitung der Ortsgeschichte, verbunden mit den jeweiligen Lebensumständen der Menschen, für unnötig halten. Ihnen kann immerhin der Satz eines weisen Mannes entgegen gehalten werden: ‘Wenn wir nicht wissen, wo wir herkommen, wissen wir auch nicht, wo wir hingehen sollen.’ Die Präsentation von Schmalztöpfen und Kupferpfannen braucht es dazu allerdings nicht. Es ist ganz natürlich, dass die meisten Südbürger gern mit eigenen Augen und möglichst vor Ort einen Blick in die Geschichte ihres Stadtteils werfen würden. Daraus resultiert auch die Vorstellung oder gar der Wunsch eines Heimatmuseums.
Aber ist das realistisch? Wir sprachen darüber mit der Südbürgerin Barbara Hornberger. Die studierte Kunsthistorikerin und 1. Vorsitzende der Geschichtswerkstatt Süd e.V. bringt dazu viel Kompetenz ein, denn sie ist seit 10 Jahren Leiterin des Heimatmuseums Flacht, hat für das Heimatmuseum Esslingen gearbeitet, viele Ausstellungen betreut, ist Mitglied im Planungsstab für das Stadtmuseum Stuttgart und zudem freiberufliche Mitarbeiterin bei verschiedenen anderen Museen. Und Barbara Hornberger meint, dass ein Heimatmuseum für den Stadtbezirk Süd derzeit nur ein Zukunftsprojekt sein kann, weil man nicht den dritten Schritt vor dem ersten tun kann.
Sie begründet das auch.
- Braucht es eine stimmige Konzeption, die zu erarbeiten noch viel Zeit bedarf, weil man im Süden auf nichts Vergleichbares aufbauen kann, auch wenn sich teilweise bei anderen etwas abschauen lässt.
- Es braucht geeignete Räumlichkeiten, die nicht nur ausreichend Schauflächen bieten, sondern auch Lagerstätten für die fachgerechte Aufbewahrung von wertvollem Archivmaterial.
- Ein Museum braucht zum Leben ausreichend Besucher. Da eine lokale oder regionale Dauerausstellung nach einer gewissen Zeit zwangsläufig mit nachlassendem Publikumsinteresse zu rechnen hat, müssen immer wieder Sonderausstellungen zur Attraktion beitragen. Diese sind sehr zeit- und personalaufwendig.
- Ein Museumsbetrieb – wenn auch nur tageweise – braucht Aufsichtspersonal, Betreuer für die Sammlung, Reinigungskräfte oder z. B. Helfer für Umbauten oder kleinere handwerkliche Arbeiten. Da erfahrungsgemäß auf Dauer dieser Personalaufwand nicht zuverlässig mit ehrenamtlichen Kräften bewältigt werden kann und eine Kostendeckung über Eintrittspreise für hauptamtliche Mitarbeiter nicht zu erreichen ist, bräuchte es eine ständige finanzielle Unterstützung durch die Stadt. Diese ist jetzt und in naher Zukunft nicht zu erhoffen.
Die praktische Lösung
Den einzig derzeit gangbaren Weg zur Dokumentation der Süd-Geschichte sieht Barbara Hornberger im Augenblick nur in Zusammenarbeit mit dem Stadtmuseum. Die Geschichtswerkstatt Süd e.V. ist bemüht, durch qualitative und quantitative Zulieferung von Material dort eine dem Stadtbezirk Süd in Größe und Bedeutung angemessene Präsentation zu ermöglichen. Eine andere, kleinere Lösung auf Stadtteilbasis hat der Bürgerverein Kaltental gefunden, der im Bürgerhaus eine kleine Auswahl historischer Fotos zeigt. Aber Bürgerhäuser sind erstens nicht überall im Süden vorhanden und zweitens ist eine Aufsplitterung der Geschichte des Südens scharf getrennt nach Stadtteilen auch nicht gewünscht und wird nur als Ergänzung gesehen. Ein Heimatmuseum für den Stuttgarter Süden wird daher wohl eher ein Traum bleiben. Aber der Weg ins Wilhelmspalais am Charlottenplatz ist ja so weit nicht.