Geschichtswerkstatt Süd – die Spurensucher aus dem Süden.
Autorin Heike Armbruster.
Foto Achim Zweygarth.
Geschichtsinteressierte aus dem Stadtbezirk Süd wollen gemeinsam die Historie des Gebiets von Kaltental bis zum Heusteigviertel dokumentieren.
Die unerzählten und fast vergessenen Geschichten im Süden auszugraben, dies hat sich die Geschichtswerkstatt Süd zur Aufgabe gemacht. Seit dem vergangenen November arbeiten zwölf Menschen intensiv an dem Projekt. Die Federführung hat die Kunsthistorikerin Barbara Hornberger, die zum Planungsstab für das neue Stadtmuseum Stuttgart gehört.
Der Ausgangspunkt für die Geschichtswerkstatt war die Lokale Agenda Alt-Heslach. Deren Mitglieder hatten sich bereits für ein kleines Stadtteilmuseum im Turmzimmer des Alten Feuerwehrhauses eingesetzt. Dieses Projekt konnte aber nicht verwirklicht werden, weil der Raum nicht geeignet war. Mit der Geschichtswerkstatt haben sich die Mitglieder der früheren Lokalen Agenda und weitere Mitstreiter nun neue Ziele gesetzt. Nicht mehr nur die Geschichte Heslachs, sondern die des gesamten Südens haben die Historiker im Fokus.
Den entscheidenden Impuls, dieses Projekt zu verfolgen, habe eine Diskussion der CDU Süd mit Anja Dauschek, der Leiterin des Planungsstabs Stadtmuseum, gegeben, sagt der Grünen-Bezirksbeirat Wolfgang Jaworek. ,,Wir haben uns im Anschluss an das Gespräch vorgenommen, konsequent am Thema dranzubleiben“, erinnert sich auch Barbara Hornberger.
Das Interesse an Führungen ist besonders groß
Drei Vorhaben will die Geschichtswerkstatt umsetzen: Kleine Ausstellungen in leer stehenden Büros und Geschäften organisieren, Interviews mit älteren Zeitzeugen aufzeichnen und mit Führungen die historische Vielfalt des Stadtbezirks aufzeigen. Wie groß das Interesse an solchen Führungen ist, hat sich jüngst gezeigt, als Hagen Müller, Friedhofsgärtner und Mitglied der Geschichtswerkstatt, über den Heslacher Friedhof führte. Nocht nur die ältere Generation, sondern auch viele jüngere Menschen hatten das Angebot wahrgenommen.
Wolfgang Jaworek erklärt sich das Interesse auch mit der hohen Fluktuation im Bezirk: ,,Es ist zwar ein beständiges Kommen und Gehen, aber viele der Neubürger verspüren ein Bedürfnis, sich an ihrem neuen Lebensmittelpunkt zu verorten.“ Er selbst kann sich vorstellen, dabei zu helfen und demnächst Führungen durchs Lehenviertel anzubieten.
Barbara Hornberger konzentriert sichdarauf, die Geschichte des Südens in Gegenständen einzuffangen. ,,Oft wissen die Leute gar nicht, welche Schätze sie haben oder dass ihre Objekte andere interessieren könnten“, sagt Hornberger, die darauf hofft, dass viele Bürger dazu bereit sein werden, historische Objekte für Ausstellungen zur Verfügung zu stellen. Schon ein kleiner Gegenstand könne viel erzählen, sagt der Historiker Wolfgang Kress und verweist auf eine kleine ovale Plakette des Obst- und Gartenbauvereins Karlsvorstadt in seinem Fundus. ,,Ende des 19. Jahrhunderts hat man Heslach in Karlsvorstadt umbenannt, weil Heslach einen schlechten Ruf als armer Stadtteil hatte. Sogar die Marktbeschicker sollen eher ins weiter entfernte Südheim geliefert haben als nach Heslach“, sagt Kress. Offiziell wurde die Namensänderung mit dem Kronjubiläum von König Karl I. von Württemberg begründet.
Erfolg hängt von der Mithilfe der Südbürger ab
Die Geschichtswerkstatt will bewusst nicht nur in eine Richtung arbeiten. Welche Ausstellungen zusammengetragen werdenkönnten, das hänge davon ab, welche Objekte die Bürger zur Verfügung stellten, sagt Hornberger. Sie habe bereits davon gehört, dass es noch Überbleibsel einer Kaltentaler Nähstube gebe, in der die Leute alte Kleider umarbeiten ließen, weil sie sich keine neuen hätten leisten können, nennt die Kunsthistorikerin einen möglichen Ansatz.
,,Wir wollen aber nicht nur solche Anekdoten finden, sondern auch die Entwicklung des Stadtbezirks aufzeigen. Die verschiedenen Ebenen der Besiedlung zum Beispiel“, nennt Jaworek ein weiteres Anliegen. So wüssten heutzutage die wenigsten, ergänzt Kress, dass der Nesenbach früher unweit des Marienplatzes oberirdisch durch Stuttgart geflossen sei. Um zu den Häusern am Hang unterhalb der Karlshöhe zu gelangen, musste man den kleinen Strom überqueren.